Textschnipsel 009

“Etwas war aus jener Zeit, in der die Nachrichten nicht mehr erreichten, geblieben: das Bewusstsein, dass sich das Gelingen oder Misslingendes Lebens stets in einem einzelnen Menschen entschied, im Verlauf einer besonderen, unverwechserlbaren Lebensgeschichte. Wenn man die Überschwemmungen sah und die Trecks der Flüchtlige, mochte man denken: Das sind die wichtigen Dinge, das und nichts anders. Die großen, umfassenden Geschehnisse also. Und natürlich waren sie wichtig, dringlich, und verdienten jede Anstrengung, um das Leiden zu verringern. Trotzdem blieb es wahr, dass es am Ende darum ging, wie jeder sein eigenes Leben erlebte, jede Wendung seines Schicksals, jeden Moment des Glücks und Unglücks. Der dunkle Bildschirm des Fernsehers: Er stand für diese Einsicht.

<aus “Das Gewicht der Worte” von Pascal Mercier>

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